Presse

Martin Gasser, Kronen Zeitung, 29.4.2004

Zeichen für die Moderne gesetzt

Im Minoritensaal feierte das Ensemble Zeitfluss Graz Premiere. Das Kammerorchester will sich künftig der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts annehmen und damit eine betrübliche Lücke im hiesigen Konzertbetrieb schließen. Zum Auftakt gab es zwei Uraufführungen.
Der Konzertbetrieb der ehemaligen Kulturhauptstadt Europas geht mit dem Klangkosmos der Avantgarde nachlässig um. Wann hört man je Meisterwerke von Boulez, Berio, Rihm, Zimmermann, Cerha, Stockhausen und und und?
Das von Edo Micic dirigierte, stark spielende Ensemble setzt hier Zeichen. Neben Ligetis Kammerkonzert erklangen zwei Uraufführungen. Klaus Lang, der seine Stücktitel so geschickt vieldeutig diffus wählt, dass sie Hörer in keine (falsche) Richtung stoßen, war die erste davon beschieden. Im äußerlich ereignisarmen „Die englischen Hände“ bilden statische Anlage und schillernde Klangfarben einen reizvollen Kontrast. Schwebende Erdenschwere könnte man das nennen – widersprüchlich zwar, aber wie Lang im Programmheft poetisch ausführt: „Auch die Majestät der Berge ist veränderlich, sie sind flüchtig wie Träume.“
Weniger geheimnisvoll gab sich die zweite Uraufführung, „Hesaar“ von Kiawasch SahebNassagh. Das unter dem persischen Wort für „Stadtmauer“ firmierende Werk ist den Opfern des verheerenden Erdbebens im Iran gewidmet, das im Dezember 2003 mehr als 40.000 Menschenleben forderte. Dieses Memento wirkte dem exzellenten Saxophonisten Clemens Frühstück auf den Leib geschneidert. SahebNassagh ließ seine Erfahrungen mit der traditionellen persischen Musik einfließen und erreichte prägnante Eindrücke.

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